In-App-Käufe bei Handyanwendungen sind vielen Usern ein Dorn im Auge. Doch was, wenn solche Abo-Verträge auch bald im Neuwagen Realität werden? Ein Kommentar von Alois Fuchs.
Elektroautos und automatisiert fahrende Autos sind in aller Munde, aber doch nur Schnee von gestern. Schon seit einigen Jahren planen die Hersteller den Einsatz von „Functions on Demand“, also den Kauf von Fahrzeugextras per digitalem Abo. Mittlerweile haben u. a. Audi, BMW und Daimler einige Funktionen wie die Smartphone-Integration oder den digitalen Radioempfang in ihr Bezahlsystem aufgenommen. Doch das ist erst der Anfang.
Mittelfristig und bei immer mehr Neufahrzeugen sollen auch andere Features wie eine Standheizung oder Laserlicht (sofern nicht schon beim Neuwagenkauf bestellt) gegen zusätzliches Entgelt freigeschaltet werden können. Das setzt natürlich voraus, dass diese Bauteile bereits ab Werk montiert wurden.
Zu viele Ausstattungsvarianten treiben die Herstellungskosten nach oben
Und ab hier wird es interessant. Autos werden immer komplexer, benötigen immer mehr Hardware, aber auch Software. Hinzu kommt gerade bei den deutschen Autobauern eine Flut an individuellen Optionen, selbst für Kassenhauer vom Schlage eines VW Golfs oder 1er BMW.
Das kostet Geld und bindet Produktionskapazitäten im Werk, da die Taktung am Fertigungsband immerzu angepasst werden muss. Warum also nicht alle Fahrzeuge mit „Vollausstattung“ ausliefern und den Kunden später für einzelne Funktionen blechen lassen? Zusätzlich schafft man eine Bindung zwischen Hersteller und Kunde, die es sonst nur bei Tech-Konzernen wie Apple zu beobachten ist.
Erinnerungen an Gaming-Apps werden wach
Das Nachsehen könnte am Ende der Kunde selbst haben. Noch ist nämlich nicht klar, was die einzelnen Funktionen wirklich kosten sollen. Wird es eine Sitzheizung noch zum Spartarif geben, ist davon auszugehen, dass zusätzliche Motorleistung, mehr Batteriereichweite oder zusätzliche Assistenzsysteme richtig ins Geld gehen. Ein Schelm wer hier an Gaming-Apps und deren verworrene In-Game-Käufe denkt.
Ein weiteres Problem dürfte die Langlebigkeit solcher Käufe sein. Wer heute ein Auto aus den frühen 2010er Jahren sein Eigen nennt, dürfte schon mit einem simplen Kartenupdate an die Grenzen des jeweiligen Langzeitsupports seitens der Hersteller stoßen. Da deren Geschäftsmodell weiterhin darin besteht möglichst viele Fahrzeuge abzusetzen, kann es eigentlich nicht im Interesse der Industrie sein, alte Autos lange Zeit mit Softwareupdates zu versorgen. Was passiert danach mit nicht genutzten Features, was passiert damit beim Gebrauchtwagenkauf oder -verkauf?
Am Ende freut sich der Tuner
Die Frage nach dem Datenschutz möchte ich an dieser Stelle gar nicht anschneiden, wohl aber den Hinweis liefern, dass bisher noch jedes System auf kurz oder lang geknackt wurde. So könnten “Functions on Demand” auch so manchem Tuninganbieter ein neues Zubrot bescheren. Bei der lokalen Vertragswerkstatt sollte man sich im Anschluss daran aber wohl nicht mehr blicken lassen.
Bilder: Audi